Ausgewählte Anwendungsfelder mit Beispielen

Mediation bei Trennung/Scheidung

Bei einer Scheidung, die nach geltendem Recht durch ein Familiengericht erfolgen muss, wird die Aufhebung der Ehe verfügt. Viele Angelegenheiten können die Paare im Vorfeld in einer Mediation regeln. Dazu gehören:

  • Fragen des Wohnens, Verbleib oder Auszug aus der gemeinsamen Wohnung
  • Umgangsregelung der Kinder (auch Ferienregelungen, Handhabung im Krankheitsfall etc.)
  • Fragen des Kontaktes zwischen Eltern und Kindern, Kindern und Großeltern sowie anderen Bezugspersonen
  • Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses über die Ausübung ihrer elterlichen Sorge und der weiteren Erziehung der Kinder als getrennte Eltern
  • Erarbeiten von Kommunikations- und Informationsabsprachen als getrennte Eltern
  • Aufteilung des Hausrats
  • Aufteilung des Vermögens
  • Zeitpunkt des Scheidungsantrages

Beispiel einer Scheidungsmediation

Heike und Thomas K. wollen sich nach 15 Jahren Ehe scheiden lassen. Der erste Schock über das endgültige Scheitern ihrer Beziehung ist vorbei. Jetzt sollen alle Voraussetzungen für die Scheidung getroffen werden. Über viele Dinge sind sie sich noch nicht einig, aber sie wissen genau, dass sie eine faire Trennung wollen. Trotz aller Unstimmigkeiten wollen sie sich auch nach der Scheidung noch in die Augen sehen können und vor allen Dingen weiterhin Eltern für ihre 12-jährige Tochter und den 9-jährigen Sohn bleiben.

Bei einem Telefonat mit der Mediatorin vereinbaren sie einen Termin für ein Informationsgespräch. Hier wird das Verfahren erläutert und geklärt, ob es das Richtige für das Paar ist.

Thomas und Heike. haben sich für die Mediation entschieden. Nach dem ersten Informationsgespräch lassen sich beide über ihre rechtlichen Möglichkeiten bei getrennten Anwälten beraten. Danach gehen sie zur Mediation und dort werden alle zu klärenden Themen aufgelistet und priorisiert. Bei Heike und Thomas geht es um die Ausübung des Sorgerechts und den Aufenthaltsort sowie die Besuchsregelungen für die Kinder, die Verteilung des Hausrates, den Verkauf oder Nicht-Verkauf der Eigentumswohnung. Heike und Thomas erhalten nacheinander genügend Zeit und Raum, ihre Sicht der dinge darzustellen.

Anschießend werden ihre Interessen und Bedürfnisse herausgearbeitet. Nach einem erfolgten Perspektivwechsel können Ideen zur Lösungen gesammelt und geprüft werden. Es sollen Lösungen gefunden werden, die Heike und Thomas mit dem Gefühl auseinander gehen lassen, für sich und die Kinder das Bestmögliche erreicht zu haben.

Aufgabe der Mediatorin ist es, als neutrale Vermittlerin den Gesprächsprozess zwischen den beiden zu steuern, die Kommunikation in den verschiedenen Phasen zu gestalten. Ziel ist es, dass die Konfliktparteien Lösungen erarbeiten, die in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden. Da die Entscheidung über ihre Eigentumswohnung gleichzeitig ihren Zugewinnausgleich regelt, suchen sie einen Notar auf, um sich abschließend über die Konsequenzen dieser Regelung beraten und dort ein entsprechendes Schriftstück über den Zugewinnausgleich aufsetzen zu lassen. Beide sind mit dem Erreichten zufrieden.


Mediation bei Eltern-Kind-Konflikten

Mediation ist ein Verfahren, mit dem Konflikte zwischen Eltern und Kindern geregelt werden können. Ein Verständnis füreinander kann so zwischen den verschiedenen Generationen erreicht werden. Ab dem Jugendalter bis zum Erwachsenenalter können individuelle Lösungen erarbeitet werden.

Familien mit jugendlichen Kindern sprechen beispielsweise folgende Konfliktthemen an:

  • Umgang miteinander
  • Gemeinsame Zeit
  • Schulabbruch oder weiterer Schulbesuch, Lehre oder Studium
  • Wohnsituation
  • Urlaub alleine, mit der Familie oder mit Freunden.

Beispiel einer Mediation zum Thema Schulabbruch

Familie Schulte kommt mit ihrem 18-jährigen Sohn David zur Mediation. In der Familie herrscht Streit, weil David von der Schule abgehen will.

Frage der Mediatorin an David: „David, was ist dir daran so wichtig, gerade jetzt die Schule abzubrechen, obwohl du einen Notendurchschnitt von 2,7 hast und durchaus Abitur machen könntest?“ Antwort David: „Ich will ein Mofa. Ich will einen schönen Urlaub mit meiner Freundin verbringen, das kostet Geld. Ich will andere Kleidung kaufen. Ich will mein eigenes Geld haben.“ Frage der Mediatorin an die Eltern: „Weshalb glauben Sie, sollte Ihr Sohn unbedingt Abitur machen?“ Antwort der Eltern: „Er hat das Zeug dazu. Es wäre vergeudete Intelligenz … Ich käme mir als Vater schlecht vor, wenn ich den Jungen nicht optimal fördern würde.“

An diesen – zusammengefassten – Aussagen wird deutlich, dass die Bedürfnisse von David und seinen Eltern sich zum einen auf unterschiedliche zeitliche Ebenen beziehen und dass es in beiden Aussagen Anhaltspunkte für weitere, vertiefende Fragen gibt. Durch die Bearbeitung dieser Fragen in der Mediation erhalten beide Seiten die Gelegenheit, die jeweils andere Perspektive nachzuvollziehen und vielleicht sogar – zumindest in Teilen – zu verstehen. So wird nach und nach die Dialogfähigkeit der Parteien wieder hergestellt. Anschließend werden von den Konfliktpartnern Lösungen erarbeitet, welche sowohl die Bedürfnisse der Eltern als auch die von David berücksichtigen.


 Mediation in Familienunternehmen

Konflikte in Familienunternehmen sind gekennzeichnet durch zwei Aspekte:

Eine personenbezogene und eine betriebliche Ebene. Damit bewegen sich diese Konflikte an der Schnittstelle zwischen Familienmediation und Wirtschaftsmediation. In der Regel sind mehrere Familienmitglieder in einem Familienunternehmen beschäftigt. Dadurch können sich persönliche und geschäftliche Interessen ungünstig miteinander verknüpfen.

Mögliche Themen sind:

  • Firmennachfolge
  • Umstrukturierungen im Unternehmen
  • Betriebswirtschaftliche Handlungsstrategien
  • Einführung neuer Technologien und Medien
  • Standort des Unternehmens
  • Finanzielle Absicherung von Familienmitgliedern
  • Gerechtigkeit zwischen Geschwistern

Es gilt, die persönlichen Interessen und Bedürfnisse der Konfliktbeteiligten zu klären. Da ist zum einen die emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen, die mit der persönlichen Lebensplanung in Einklang gebracht werden muss. Dies bildet den Ausgangspunkt für die Klärung der unternehmensbezogenen Fragestellungen. Daher haben die persönlichen Interessen und Bedürfnisse in Familienunternehmen einen so hohen Stellenwert. Erst wenn Klarheit über die eigenen Interessen und Bedürfnisse besteht, können Entscheidungen für das Unternehmen getroffen werden.

Beispiel einer Mediation zur Nachfolge in einem Familienunternehmen

Der Firmeninhaber möchte die Nachfolge an den Sohn weitergeben, dieser wohnt seit Abschluss seiner Ausbildung ca. 500 km von Elternhaus und Firmensitz entfernt. Eine Rückkehr ist nicht geplant, da die Partnerin und das gemeinsame Kind dies nicht möchten. Die Partnerin möchte ihre Arbeitsstelle nicht aufgeben, das Kind wurde gerade eingeschult.

Die Tochter des Firmeninhabers wohnt in räumlicher Nähe zum Elternhaus und zur Firma. Sie hat eine Fachausbildung und arbeitet in der Firma und könnte die Firmenleitung übernehmen. Das wird jedoch vom Vater abgelehnt. Er vertritt noch sehr traditionelle Vorstellungen bezüglich der Firmenleitung. Sein Wunsch ist es, der Sohn übernähme die Firma und die Tochter würde weiter im Unternehmen arbeiten.

Die Firmennachfolge wurde unter den Kindern bereits besprochen. Es besteht Einvernehmen zu folgender Regelung: Die Kinder werden gleichberechtigte Firmeninhaber. Die Tochter übernimmt als Geschäftsführerin das Unternehmen am Heimatort. Der Sohn eröffnet einen zweiten Standort in der Nähe seines Wohnortes. Die Finanzierung über die Hausbank ist ebenfalls bereits geklärt. Die Kinder hatten sich auf dieses Vorgehen verständigt, da sie mit dem Widerstand des Vaters gerechnet haben. Der Konflikt bricht auf, als der Vater die Firmennachfolge anspricht. Der Vater und die Kindern schaffen es nicht sich zu einigen. Der Konflikt eskaliert, als der Vater damit droht, die Firma zu verkaufen.

Die Konfliktbeteiligten einigen sich auf eine Mediation. An den ersten drei Terminen nehmen auch die Mutter und die jeweiligen Partner/innen der Kinder teil. Im Verlauf der ersten drei Mediationstermine werden die persönlichen Interessen und Bedürfnisse angesprochen. Vier weitere Termine dienen der Regelung der Firmenbelange.

Die Mediation wird mit einer schriftlichen Vereinbarung abgeschlossen. Die Vorschläge der Kinder werden vom Vater akzeptiert, er bleibt jedoch für weitere fünf Jahre als Geschäftsführer im Unternehmen.